Durchgangszentrum Friedeck
Seit über 30 Jahren finden Asylsuchende aus aller Welt Unterkunft in der Friedeck in Buch. Damit lebt der Geist, der durch Pfarrer David Spleiss vor 200 Jahren ins Dorf getragen wurde, auch im heutigen Durchgangszentrum: Menschen in Not eine “Rettungsherberge” sein.
Über 6500 Menschen aus aller Welt, die um Asyl suchen, haben seit der Ankunft der ersten Flüchtlinge in der Friedeck in Buch in diesem Haus Unterkunft gefunden und es nach unterschiedlich langer Aufenthaltsdauer wieder verlassen. Ihre Herkunft aus Ländern der ganzen Welt spiegelte immer auch ein Stück des Weltgeschehens.
So berichteten gleich nach der Eröffnung des Flüchtlingsheims 1983 die Schaffhauser Nachrichten:
“Das ehemalige Erziehungsheim Friedeck ist seit dem 2. August ein Hort für Flüchtlinge. Bereits lebt ein Ehepaar aus Polen im Heim in Buch. Die beiden verliessen vor einer Woche ihren Wohnort in Lodz und kamen in Thayngen über die Grenze. Sie suchen in der Schweiz um Asyl nach. Dieses Asylverfahren dauert im günstigsten Fall sechs Monate. Bis zum endgültigen Entscheid müssen die Asylbewerber in der Friedeck bleiben… Rund einen Monat nach der Eröffnung des Durchgangsheims für Asylbewerber leben in Buch 40 Personen aus 12 Ländern. Aufgeteilt in Nationen, ergibt sich folgendes Bild: Äthiopien (1), Argentinien (1), Bulgarien (1), Chile (1), CSSR (11), Iran (4), Pakistan (3), Polen (2), Sri Lanka (4), Türkei (1), Ungarn (8) und Zaire (3). Die Erwachsenen sind zwischen 20 und 35 Jahre alt.”
Während in den Anfangszeiten auch Flüchtlinge aus dem Ostblock zu beherbergen waren, kamen in einer zweiten Bewegung Menschen aus Sri Lanka, der Türkei und dem Libanon. Anfang der Neunziger Jahre flüchteten viele Albaner über das Meer nach Italien, um von dort in die Schweiz zu gelangen. Nach dem Zusammenbruch von Jugoslawien erreichten Kriegsflüchtlinge aus Kroatien und Bosnien und später aus dem Kosovo die Schweiz. Zunehmend und parallel dazu baten Menschen aus Somalia und den westafrikanischen Staaten um Asyl.
Heute leben Menschen aus verschiedenen Herkunftsländern in der Friedeck. Sie reihen sich ein in ein Kommen und Gehen von Menschen in Not jeder Herkunft und jeden Alters.
Von der “Rettungsherberge” für arme Kinder…
Das Haus Friedeck hat jedoch eine noch längere Geschichte der Hilfe für Bedürftige hinter sich. Vor genau 200 Jahren kam mit David Spleiss ein neuer Pfarrer in die Gemeinde Buch, der das Dorfleben nachhaltig prägen sollte. Er war es, der im Jahr 1826 die sogenannte “Rettungsherberge” für arme, verwahrloste und vernachlässigte Kinder im Pfarrhaus gründete. 1841 wurde die heutige Friedeck neu gebaut und in der Folge jahrzehntelang als Erziehungsheim geführt.
Nach der Schliessung des Erziehungsheims, übernahm vor dreissig Jahren der Kanton das Haus vom Verein Friedeck und nutzt es seither als Durchgangszentrum für Asylsuchende. Der Geist, der durch den damaligen Pfarrer ins Dorf getragen wurde, blieb auch mit der neuen Trägerschaft erhalten: Anteil nehmen am Elend dieser Welt und Hand bieten zur Linderung.
…zur Nothilfeunterkunft für Flüchtlinge
Während die Bewohner des Durchgangszentrums Friedeck laufend wechseln, ist über die Jahre hinweg das Konzept zur Betreuung weitgehend gleich geblieben. Die Asylsuchenden müssen sich an den Hausarbeiten beteiligen, erhalten Deutschunterricht und sollen einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen. Aktuell geblieben sind offenbar auch viele Fragen im Asylwesen. In einem Interview mit den SN vom 5. Mai 1983 zur Übernahme der Friedeck durch den Kanton wurde vom damaligen Regierungsrat Kurt Waldvogel insbesondere die langen Asylverfahren moniert und die sogenannten “Wirtschaftsflüchtlinge” als Problem genannt. Das seither laufend verschärfte Asylgesetz hat zwar die Probleme bis heute nicht gelöst, aber dem Durchgangszentrum neue Probleme gebracht, die eine Konzeptanpassung nötig gemacht haben. Seit 2008 wird die Friedeck auch als Nothilfeunterkunft gebraucht, als Folge einer Asylgesetzrevision, mit deren Umsetzung die Sozialhilfe für abgewiesene Asylsuchende gestrichen wurde. Die Friedeck fand damit noch zusätzlich verstärkt zu ihrer ursprünglichen Funktion als letzte “Rettungsherberge” für Menschen in Not zurück.